Symmetrische Häuser – architektonische Zwillinge

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Eine ganz besondere Art der Bauweise eines Wohnhauses wird in Deutschland traditionell als symmetrisches Haus bezeichnet. Diese Bauweise, bei der das betreffende Haus wirkt, als sei es an einer Längsachse, meist exakt in der Mitte, gespiegelt worden, ist seit historischer Zeit in ganz Europa bekannt und beheimatet. Der Österreicher nennt ein solches Haus beispielsweise gekuppeltes Haus oder schlicht Kuppelhaus. Tatsächlich wird ein Einfamilienhaus dabei praktisch gespiegelt, wobei die Fassaden- und Fenster- sowie die Türengestaltung der beiden spiegelbildlichen Haushälften stets einheitlich und meist vollkommen übereinstimmend erfolgt.

Ein modernes Haus mit Januskopf

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Hier zeigen beispielsweise Buttler Architekten ein geradezu hyper-modernes symmetrisches Haus, welches in Norddeutschland als erstes sogenanntes PLUS Energiehaus errichtet wurde und heute als ein öffentliches Sozialgebäude fungiert. Die klassische historische Bauweise des symmetrischen Hauses wurde durch die Architekten dabei auf die gedrungene Kubenform mit Flachdach und mit Holz verblendeter Fassade übertragen. Als Spiegelachse, zu deren linker und rechter Seite sich jeweils eine Hälfte des Gebäudes befindet, fungiert hier die große Freitreppe, die zu beiden Seiten in eine im Bauhaus-Stil gehaltene vorgesetzte Galerie einmündet. Auch dies eine Hommage an den historischen Gutshausstil, wie er beispielsweise während der Zeit der Errichtung der großen und berühmten Herrensitze Ostpreußens durch den zeitgenössischen Architekten Jean de Bodt (1670 bis 1745) und seinen Bauleiter John von Collas (1678 bis 1753) so häufig eindrucksvoll realisiert wurde. Die große Freitreppe fungiert auch hier wieder als Vorsatz zur gespiegelten Fassade, die durch diese Treppe jeweils in zwei architektonische Flügel unterteilt wird. Die Architektur symmetrischer Häuser, als klassisches Element der historischen Gutshausbauweise, wurde hier sehr erfolgreich bei einem modernen Sozialgebäude adaptiert.

Geomantie: das reduzierte symmetrische Haus

Eine besondere, dabei allerdings reduzierte Art des symmetrischen Hauses, präsentiert hier Architekt Werner Vogl. Als Spiegelachse ist hierbei das große Eingangsportal konzipiert, welches das Gebäude wiederum in zwei völlig deckungsgleiche Flügel unterteilt. Stil und Ausführung offenbaren dabei jedoch nicht nur die Hinwendung des planenden Architekten zum historischen Guthaus und zum symmetrischen Baustil, sondern auch zur fernöstlichen Architektur und zum asiatischen Garten. Das Gebäude wurde außerdem nach den Grundregeln des Feng Shui, der Geomantie und der Geometrie konzipiert und entworfen. Die quasi deckungsgleiche Spiegelung in zwei gleiche Hälften steht hier für ein höheres Prinzip, nämlich die Essenz allen Seins im Universum und stellvertretend für das nachahmende Streben des Menschen in seinem Wunsch, per Imitatio auch architektonisch der höchsten Harmonie im Weltganzen möglichst nahe zu kommen. Wer nun interessiert ist, das eigene Anwesen auch möglichst mystisch und nach asiatischem Vorbild zu gestalten, der kann sich hier belesen.

Zwilling, innen wie außen

Schulz.Rooms demonstrieren hier anhand des Eingangsbereiches eines Neubaus, dass sich das Symmetrie-Prinzip meist auch streng im Innern eines solchen Gebäudes fortsetzt. Eine niedrige Treppe führt aus dem Eingangsbereich auf ein bühnenartiges Podest, von welchem links und rechts, wieder streng spiegelbildlich, zwei Treppen in die jeweils deckungsgleich konzipierten Flügel des Gebäudes abzweigen. Ein symmetrisches Haus, traditionell wie im früheren Ostpreußen als Mehrgenerationenhaus angelegt, eignet sich heute auch vorzüglich als Mehrfamilienhaus, indem jeweils eine Familie einen separaten Flügel bewohnt. Die Eingangsbereiche können dabei strikt separiert werden oder es wird ein gemeinsamer Portikus oder Risalit mit meist opulent verzierter Giebelstruktur als Eingang genutzt, der dann oft auch gleich die gesamte Fassade des symmetrischen Hauses strukturiert.

Das symmetrische Haus im Kolonialstil

Hier ein weiteres symmetrisches Haus, allerdings nun  im Kolonialstil, dem beliebten historischen Baustil der Europäer in Amerika, wie er beispielsweise auch bei Mount Vernon, dem früheren Landsitz George Washingtons im Bundesstaat Virginia und natürlich auch beim Weißen Haus selbst Pate stand. Neben dem Symmetrie-Merkmal, welches sodann den Kolonialstil entscheidend prägte, wurde dieser zusätzlich durch die strikte Verwendung ausschließlich einheimischer Materialien, die meist eindrucksvolle Adaption antiker Eingangshallen mit opulentem Portikus und Attika sowie Säulen und Pfeiler bestimmt, die hier nicht aus Marmor, sondern schlicht aus bemaltem Holz angefertigt worden waren.

Skandinavische Architektur adaptiert symmetrisches Haus

Hier zeigt sich, dass die symmetrische Architektur nicht nur zu Gutshäusern, amerikanischen Landhäusern und hypermodernen Funktionsgebäuden passt, sondern beispielsweise auch die Skaninavische Architektur, den meist schlichten Holzbaustil in der von Erik Asmussen so entscheidend geprägten Formensprache, nachhaltig beeinflusst hat. Auch hier findet sich das traditionelle Charakteristikum und dominierende Merkmal, nämlich ein praktisch symmetrisches Haus auf einem allerdings ungeteilten Grundstück. Zwei Wohnparteien, jede für sich und voneinander abgeschieden, jedoch unter einem gemeinsamen Dach und auf einer identischen Parzelle Land vereint.

Ein Mehrfamilien- oder sogar Mehrgenerationen-Haus

Das symmetrische Haus ist stets als Familienhaus gedacht. Wo nicht sogar für mehrere, dann allerdings wenigstens für die eine, die Großfamilie, in der es jeder Generation eigene Lebensräume zu Rückzug und Lebensgestaltung bietet. Achsensymmetrische Fassadengestaltung, spiegelbildliche Grundrißanlage und früher nur eine, heute meist jedoch zwei gedämmte Brandwände, machen seine dominierende Architektur aus, die man mögen muss, um sich ein ganzes Leben lang mit ihr zu arrangieren! Um alles herum jedoch, entfalten sich der gemeinsame Garten und das gemeinsame Grundstück.

Heute fest etabliert im Landhausstil

Besonders häufig findet man das symmetrische Haus heute noch bei der eher rustikalen Bauweise im Landhausstil. Hier wird auch bei sehr vielen Neubauten, vor allem dann, wenn es sich um größere und besonders imposante Anlagen handelt, sehr gern und bis auf den heutigen Tag, immer wieder aufs neue das symmetrische Haus adaptiert und modifiziert. Hier, in imponierender und naturnaher Landschaft in Österreich, passt es sich aufgrund seines stets ein wenig historisierenden Stils meist ganz besonders gut in das ohnehin bereits eindrucksvolle Landschaftsbild ein. Große Fensterfronten, die uns an Schloß Versailles erinnern und vorgesetzte Säulengänge nehmen dabei Inspirationen herrschaftlichen Bauens vergangener Jahrhunderte in eindrucksvoller Art und Weise auf, vom Schloßcharakter bis hin zum Kreuzgang-Feeling eines Klosters und vereinen sie mit den Ansprüchen an modernes komfortables Wohnen in naturnaher Landschaftskulisse.

Ein symmetrisches Haus bringt ökonomische Vorteile

Auch hier finden sich wiederum all die bereits zur Genüge beschriebenen klassischen Symmetrie-Elemente, vom gemeinsamen Portikus mit vorgesetzten Säulen bis hin zur exakt spiegelbildlichen Ausführung beider Gebäudeflügel, zur linken und zur rechten Seite. Die klassische streng symmetrische Architektur barg für die das Gebäude bewohnenden Parteien dann allerdings durchaus auch diverse Vorteile ökonomischer Natur. So nutzte man die verfügbare Fläche des vorhandenen Grundstückes hierbei besser aus und zusätzlich ließen sich durch den verminderten Anteil an Außenwänden außerdem auch noch Heizkosten sparen.

Eine Wurzel: Herrenhäuser und Friesenkaten

Eine Sonderform beim symmetrischen Haus und zugleich auch eine seiner architektonischen Wurzeln, bildet die einzigartige Guts-, Schloß- und Herrenhausarchitektur des beliebten norddeutschen Bundeslandes Schleswig-Holstein. Hier entwickelte es sich als symmetrisches oder auch als sogenanntes Mehrfach-Haus aus den meist befestigten Herrensitzen des frühen Mittelalters heraus. Älteste erhalten gebliebene symmetrische Häuser, oft in der Bauweise als Friesenkaten, waren hier zunächst meist schlichte burgähnliche Anlagen, die zum Schutz gegen Überfälle zusätzlich von Wassergräben und Wallhecken umgeben waren. Eindrucksvoll schildert beispielsweise der regionale Dichter Hermann Löns (1866 bis 1914) in seinen Jagdgeschichten und Landschaftsbildern das Leben und die Architektur dieser Epoche.

Vom Mittelalter bis zur Renaissance beliebt

In Schleswig-Holstein blieben die hier außerordentlich beliebten symmetrischen Häuser während der gesamten Zeitspanne vom ausgehenden Mittelalter bis hinein in die Renaissance überaus populär. Adel, Bauern und Bürgertum nutzten diese Grundanlage gleichermaßen, um sie je nach Geld und Vermögen auszuführen. Lebte der Bauer und Bürger meist in der schlichten und schilfgedeckten zweiflügeligen Friesenkate, so gönnte der Adel sich die seltenen drei- oder mitunter sogar auch vierflügeligen Anlagen, die dabei meist gewaltige gepflasterte Wirtschaftshöfe umschlossen. Hier sind die Dächer meist als Walm- oder Satteldächer ausgeführt und oft mit dem regional überreichlich verfügbaren widerstandsfähigen Schilf gedeckt, was traditionell für mindestens eine Generation von Hausbewohnern ausreichend war. Oft waren die Reetdächer zusätzlich mit Schmuckelementen wie Türmchen oder Dachreitern versehen und die Giebelflächen, je nach Vermögen der Hausherrn, nicht selten überbordend vor Schmuckelementen.

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